Fortsetzung:
Nachdem ich mich über eine Stunde lang in der Koje hin und her gewälzt habe und endlich kurz davor bin, ins Land der Träume zu gelangen,
ertönt der SMS-Ton meines Handy’s. Hektisch greife ich danach und lese:
Guten Morgen Schosch!
Du bist Fernfahrer? Das ist ja cool!
Jetzt wird mir einiges klar.
Wo bist du denn gerade unterwegs?
LG Marie
Ich musste die SMS 3x lesen, weil ich es erst nicht glauben konnte. Und ich Depp hab mir so einen Kopf gemacht. Was mal wieder beweist,
dass ich damit aufhören sollte. Völlig erleichtert antworte ich ihr:
Guten Morgen Marie!
Mit dieser Reaktion habe ich nicht gerechnet!
Ich bin in meiner Koje kurz vor Stralsund und muss nach Bergen auf Rügen.
LG Schosch
Anschließend kuschel ich mich wieder unter meine Decke. Nach dieser erlösenden Nachricht hat mein Kopf endlich Pause und ich schlafe
schnell ein. Zurück aus dem Reich der Träume, schaue ich natürlich als erstes auf mein Handy:
Hast wohl gedacht, ich hätte ein Problem mit deinem Beruf?
Hab ich dich eigentlich geweckt? Wenn ja – Sorry!!
Ich ziehe mich an und gehe erst mal zur Tankstelle um mir eine kleine Stärkung zu holen, bevor ich mich wieder auf den Weg nach Stralsund
mache. Die Auswahl hier ist nicht besonders groß, und so muss ich mich mit einem nicht mehr ganz so frischen Schnitzelbrötchen zufrieden
geben. Zurück im Scania schreibe ich Marie:
Ja, ich hatte ein bisschen Angst.
Ich war kurz davor zu schlafen.
Du bist heute Abend bestimmt am Arbeiten?
Ich muss jetzt wieder weiter.
LG Schosch
Auf der A20 ist heute Abend ganz schön viel Verkehr. Aber da vorne kommt ja schon meine Abfahrt. Vielleicht habe ich ja Glück,
und auf der Landstraße ist weniger Betrieb.
Kurz bevor die Sonne am Horizont verschwindet, überquere ich die Ostsee mit Hilfe der Rügenbrücke. Kaum habe ich die ersten Meter
Inselasphalt unter mir, ruft Jürgen an.
>>Ich wollte dir deine nächsten 3 Touren mitteilen, bevor ich Feierabend mache und du heute Nacht auf Rügen stehst und nicht weißt wohin.<<
Ich wundere mich, dass er mir gleich 3 Touren auf einmal durchgeben will. Das wäre das erste Mal, dass ich so weit im Voraus bescheid weiß,
wo ich hin muss. Aber als Jürgen anfängt mir die Daten durchzugeben, wird mir sofort klar warum:
1.Tomaten von Bergen nach Stralsund
2.Holzstämme von Stralsund nach Rostock
Diese beiden Aufträge werde ich noch heute Nacht erledigen können, also bevor Jürgen wieder im Büro ist.
3.Zucker nach Nürnberg
>>NÜRNBERG??? Kein Witz???<< ist meine erste Reaktion.
>>Was denkst du denn von mir?<< kontert Jürgen empört.
Ich überschlage kurz im Kopf, wann ich in Nürnberg sein könnte …
>>Sorry Jürgen! Na, vielleicht sehen wir uns ja morgen Abend noch.<<
Kurze Zeit später erreiche ich auch schon das Industriegebiet von Bergen. Hätte nicht gedacht, dass es hier auf Rügen so viel Industrie gibt.
Nachdem ich das Erz abgeliefert habe, brauche ich nur 2 Hausnummern weiter, wo der Trailer mit den Tomaten schon auf mich wartet. Und
so bin ich um 22:00Uhr wieder auf dem Weg zurück auf’s Festland.
Von Bergen nach Stralsund sind es gerade mal 30 Kilometer. Und so befinden sich die Tomaten eine gute halbe Stunde später schon an ihrem
Bestimmungsort. Diesmal brauche ich auch keine andere Firma zu suchen, denn mein nächster Trailer steht schon direkt nebenan. Also schnell
gewechselt und wieder zurück auf die Piste.
Von Stralsund nach Rostock sind es knapp 80 Kilometer. Eigentlich hasse ich ja diese Kurzstrecken, aber dieses Mal habe ich nichts dagegen.
Ganz im Gegenteil, denn so komme ich viel schneller zu meinem Trailer für nach Nürnberg. Und so rolle ich bestens gelaunt über die Landstraße
in Richtung Rostock, als mein Handy sich mal wieder meldet:
Hallo Schosch!
Ja, war bis gerade arbeiten und freu mich jetzt auf mein Bett.
Immer noch keine Tour zurück nach Nürnberg in Sicht?
LG Marie
Da ich mir abgewöhnt habe, während dem Fahren SMS zu schreiben (eine Leitplanke im Westerwald könnte euch erklären warum), werde ich
Marie antworten sobald ich in Rostock angekommen bin. Hoffentlich schläft sie dann nicht schon.
Na, die Firma kenne ich doch! Ich schaue mich kurz um, aber meinen alten Iveco kann ich nirgends entdecken. Wahrscheinlich ist er schon
wieder auf Tour. Nachdem ich den Trailer abgestellt habe schreibe ich erst mal Marie in der Hoffnung, dass sie noch nicht eingeschlafen ist:
Hallo Marie!
Die Sicht sieht gut au! Schätze in 30Min. werde ich mich auf den Weg nach Nürnberg machen.
Schlaf gut!
Gute Nacht
Der Trailer steht bei der Fabrik gegenüber, die mich letzte Woche mit ihrem Lärm beim schlafen gestört hat. Also nix wie rüber, aufsatteln,
Papiere klar machen und ab nach Hause.
Bis auf das kleine Stück bis zum Kreuz Rostock, wo ich auf die A19 Richtung Berlin wechseln muss, und die letzten Kilometer vor Nürnberg,
wird es eine komplett neue Strecke für mich sein. Ich freue mich schon darauf, endlich mal wieder eine andere Landschaft zu sehen. Hier
oben kenne ich ja schon fast jeden Baum am Straßenrand beim Vornamen. Und wenn die Autobahn so leer bleibt, könnte ich es vielleicht
bis kurz vor Berlin schaffen, bevor meine Lenkzeit zu Ende ist.
Am Rastplatz „Linumer-Bruch-Süd“, kurz vor den Toren unserer Hauptstadt, ist es dann Zeit für meine Ruhepause. Nachdem ich getankt habe,
suche ich mir ein freies Plätzchen. Leider regnet es mal wieder, was erneut zu einer unruhigen Nacht führen könnte. Zum Glück bin ich bald in
Nürnberg und kann mir meine vergessenen Ohropax holen.
Als um 12:00Uhr mein Wecker klingelt, greife ich gleich als erstes nach meinem Handy (Wie schnell der Mensch sich doch Gewohnheiten zulegen kann):
Guten Morgen Schosch!
Das sind ja tolle Neuigkeiten. Wann bist du denn in Nürnberg?
Hast du dann frei oder musst du gleich wieder los?
LG Marie
Um Maries Fragen alle beantworten zu können, rufe ich erst einmal Jürgen an.
>>Wir haben hier schon einen Trailer mit Autoteile für dich stehen, der nach Wien muss. Aber keine Sorge, anschließend holst du bei einem Bergwerk
kurz vor Wien einen Trailer Erz ab, der nach Rostock soll. Und dann kannst du dir aussuchen, ob du die Strecke durch Tschechien wählst, oder die etwas
längere über Nürnberg fährst und dein Wochenende zu Hause verbringst.<<
Die Entscheidung fällt mir nicht schwer und so schreibe ich Marie:
Hallo Marie,
heute Abend muss ich erst weiter nach Wien.
Bin aber am Freitag zurück und hab dann bis Sonntag Nacht frei!
LG Schosch
Es ist noch etwas Zeit, bis ich weiter fahren darf. Also gönne ich mir in der Raststätte erst mal eine Dusche und ein Mittagessen,
und mache mich dann auf den Weg.
Je näher ich Nürnberg komme, je mehr nimmt der Verkehr zu. Aber es ist nicht mehr weit. Ich kann Nürnberg schon fast riechen.
Als ich um 20:00Uhr auf den Hof unserer Firma rolle, kommen Jürgen und mein Chef auf mich zu.
>>Ist was passiert?<< frage ich irritiert.
>>Quatsch, aber wir dürfen uns doch auch mal deinen neuen Wegbegleiter anschauen?<<
Erleichtert steige ich aus. Während die zwei den Scania unter die Lupe nehmen, lese ich die SMS von Marie, die ich unterwegs erhalten habe:
Hättest du vielleicht Lust,
das wir uns am Wochenende mal außerhalb vom Barfüßer treffen?
Würde mich freuen!
LG Marie
Als ich von meinem Handy wieder aufschaue, steigen Jürgen und mein Chef gerade ins Führerhaus, um es zu inspizieren. Dabei scheinen die
mich völlig vergessen zu haben. Also nutze ich die Zeit und antworte Marie noch schnell:
Würde mich auch freuen!
Ich denke ich bin so gegen Freitag Mittag zurück.
Wann hast du denn frei?
LG Schosch
Ich habe mein Handy gerade wieder eingesteckt, da krabbeln die zwei wieder aus dem Scania. Timing ist alles!
Sie scheinen sehr zufrieden
mit ihrem Einkauf zu sein und bei der Gelegenheit bedanke ich mich bei meinem Chef, dass er mir nach so kurzer Zeit schon so sehr vertraut,
dass er mir so einen tollen Arbeitsplatz zuteilt.
>>Wir hatten schon lange keinen neuen Fahrer mehr, der unseren Einstellungstest so gut gemeistert hat wie sie und mit dem wir so wenig
Probleme haben.<< er macht eine kurze Pause >>Aber nun genug der warmen Worte, ich bezahle sie schließlich nicht für’s rumstehen.<<
Nachdem er diesen Satz gesagt hat, müssen er und Jürgen anfangen zu lachen. Ich bin kurz verunsichert, muss dann aber auch anfangen zu lachen.
Diese Woche scheint „meine Woche“ zu sein. Erst bekomme ich diesen tollen Scania. Dann hat Marie keine Probleme mit meinem Beruf,
wovor ich solche Panik hatte. Dieses Wochenende werde ich wieder in Nürnberg sein und mich sehr wahrscheinlich mit Marie treffen. Und
zum Abschluss noch das Lob vom Chef. So bin ich mal wieder bester Laune, als ich mich mit den Autoteilen auf den Weg nach Wien mache.
Ein paar Kilometer auf der A3 in Richtung Linz sollte ich noch schaffen, bevor es wieder Zeit für ein Schläfchen wird.
Ich habe es noch bis zur Raststätte Donautal-West kurz vor Passau geschafft. Von hier ist es nicht mehr weit bis zur Grenze. Ich gönne mir
im Rasthaus noch ein Feierabend-Bierchen und krieche anschließend in meine Koje, wo ich sofort einschlafe.
Am nächsten Vormittag geht es nach einem kleinen Frühstück weiter in Richtung Wien. Aber natürlich nicht, ohne vorher die SMS von Marie zu
lesen, die mich vorhin sanft geweckt hat:
Guten Morgen Schosch,
gut geschlafen?
Eine Kollegin würde am Samstag Abend meine Schicht übernehmen.
Also wann kommst du mich abholen?
LG Marie
Ganz schön frech! Aber was du kannst, kann ich auch – denke ich mir und so antworte ich:
Guten Morgen Marie,
Ich werde um 10:00Uhr vor deiner Tür stehen.
LG Schosch
Unterwegs wird mir dann bewusst, dass das mein erstes Date seit Jahren sein wird und ich mir noch gar keine Gedanken darüber gemacht habe,
was wir machen könnten. Außerdem kenne ich mich in Nürnberg noch gar nicht aus. Vielleicht wäre es besser, wenn sie das übernehmen würde?
Um kurz nach 14:00Uhr erreiche ich Wien. An dieser Kreuzung steht ein Krankenwagen und da vorne am Kreisel 2 Polizisten. Ich kann aber
keinen Unfall oder sonst etwas entdecken. Was die hier wohl machen? Ich fahre ganz anständig an den Polizisten vorbei. Keine Lust, eine
Fahrzeugkontrolle zu riskieren, auch wenn ich nichts zu verbergen habe.
Die Autoteile hatte ich relativ schnell abgeliefert. Auch die Antwort von Marie hat mich nicht lange aufgehalten:
Wie bitte!?
Ich glaube, ich nehme das besser mal selbst in die Hand.
Na bitte, genau das wollte ich doch:
Einverstanden.
Den gleichen Gedanken hatte ich auch schon.
Ich mache mich jetzt auf den Weg zurück nach Nürnberg.
Aber bei der Suche nach dem Bergwerk habe ich eine gute Stunde verloren. So ist es bereits 16:30Uhr, als ich mich endlich auf den Weg
zurück nach Nürnberg mache.
Ich habe es wieder bis zur Raststäte Donautal geschafft. Erst mal tanken und dann ein schönes Plätzchen zum schlafen gesucht. Und morgen
früh geht’s dann auf die letzten Kilometer nach Nürnberg und rein ins Wochenende.
Fortsetzung folgt ...