Heute ist Montag und nachdem ich den Transporter beim Vermieter wieder abgegeben habe, statte ich meinem neuen Arbeitgeber einen Besuch ab.
Im Büro läuft mir direkt mein neuer Chef, Herr Dünnbier über den Weg und stellt mich gleich meinen neuen Kollegen vor. Nach ein bisschen Smalltalk
mit dem Disponenten Jürgen, der für mich zuständig sein wird, will mir der Chef meinen neuen Arbeitsplatz zeigen und wir gehen runter auf den Hof.
Jetzt ratet mal, welcher davon für mich gedacht ist … richtig, der kleine Iveco soll mein Arbeitstier werden. Er hat schon über 280.000 km runter
und gerade mal 360PS. Da hatte selbst mein Fahrschul-Brummi mehr unter der Haube. Aber ich will mich nicht beklagen. Ich bin so froh, dass ich
soll schnell eine Stelle gefunden habe, und als Anfänger darf man eh nicht wählerisch sein.
Dann zieht mich Herr Dünnbier zur Seite und fragt mich, was ich denn bis zu meinem ersten Arbeitstag nächsten Montag noch so vor hätte. Ich
antworte ihm, dass ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht hätte. >>Sehr gut! Wir haben im Moment so viel zu tun, dass wir gar nicht mehr
hinterher kommen. Was halten Sie davon, wenn Sie schon heute bei uns anfangen?<< Ich weiß im ersten Moment nicht, wie ich darauf reagieren soll.
Hatte mich eigentlich schon auf ein paar freie Tage gefreut. Andererseits kann ich es kaum abwarten endlich loszufahren und bin mir auch nicht sicher,
ob ich überhaupt in der Position bin, diesen Vorschlag abzulehnen. Ein Kollege fährt mich zu meiner Wohnung, in der noch nicht einmal alle Kartons
ausgepackt sind. Ich packe schnell alles zusammen, was ich denke, dass ich es für meine erste Fahrt brauche, und wenig später sind wir zurück in der
Firma. Im Büro bekomme ich die nötigen Frachtpapiere und den Schlüssel zu meinem neuen Arbeitsplatz. Spätestens morgen um 09:00 muss der Trailer
in Klagenfurt sein. Ich schmeiße mein Zeugs ins Führerhaus, drehe den Zündschlüssel um und rolle langsam an die Rampe, wo der Trailer für meine erste
Fahrt auf mich wartet …
Eine Ladung Käse nach Klagenfurt soll meine erste Tour werden. Also ran mit dem Trailer und los geht’s! … Man bin ich aufgeregt! Vorsichtig mache
ich mich auf den Weg in Richtung Autobahn. Muss mich erst mal an den Iveco und an die Dimensionen gewöhnen. Meine letzte Fahrstunde/-prüfung
ist ja nun auch schon wieder ein paar Tage her.
Ich habe Nürnberg ohne Blechschäden und umgefahrene Straßenschilder hinter mich gebracht und rolle nun auf der A9 Richtung München. Es ist
nicht viel Verkehr, mein Puls wird auch langsam wieder normal und so langsam werde ich mit dem Iveco warm.
Ein paar Stunden später passiere ich die Grenze nach Österreich. Die Autobahn ist immer noch ziemlich leer und solange es nicht bergauf geht,
komme ich ziemlich gut voran.
Bei Salzburg geht es auf die Tauernautobahn (A10) in Richtung Klagenfurt. Ich liege immer noch gut in der Zeit. Ob ich es vielleicht noch vor
meiner ersten Ruhepause schaffe?
Meinen ersten Tunnel habe ich soeben durchfahren. Ich weiß nicht warum, aber in so einem Tunnel ist mir immer etwas mulmig zumute und ich
beobachte die anderen Fahrer noch mehr als sonst. Aber wie man sieht war ich ziemlich alleine in dem Tunnel.
Ich habe es tatsächlich noch vor dem Ende meiner Lenkzeit bis nach Klagenfurt geschafft. Ich stehe kaum an der Rampe, da klingelt mein Handy – es
ist Jürgen. >>Mensch Schosch, bis du geflogen?<< und ich kann höre, wie er dabei breit grinsen muss. Er sagt mir, dass ich heute Nacht hier auf dem
Hof stehen bleiben und schlafen kann. Morgen früh soll ich dann von hier aus einen Trailer mit Möbeln nach Frankfurt/Main fahren. Jürgen kann immer
noch nicht glauben, dass ich schon in Klagenfurt bin. Bevor er das Gespräch beendet erinnert er mich aber nochmal freundlich daran, dass die Firma zwar
die Strafzettel ihrer Fahrer bezahlt, dies aber kein Freischein zum rasen sei.
Stolz wie Oscar parke ich meinen „Blitz“ in einer Ecke des Geländes. Da ich im Moment noch viel zu aufgewühlt bin, krame ich meinen Laptop hervor,
um noch ein wenig im Internet zu surfen. Als ich meine eMails checke habe ich eine Mail von meinem alten Kumpel Hans im Posteingang. Hans hat
damals seinen Traum direkt in die Tat umgesetzt und ist LKW-Fahrer geworden. Er hat irgendwie erfahren, dass ich jetzt auch endlich meinen Führerschein
gemacht habe und freut sich riesig für mich. Ich antworte ihm schnell, denn plötzlich bin ich doch sehr müde geworden und lege mich dann schlafen.
Am nächsten morgen um 03:00 Uhr klingelt der Wecker. Beim Strecken merke ich, dass mein rechter Arm so etwas wie Muskelkater hat. Das kommt
bestimmt vom vielen Schalten an den Steigungen vermute ich und hoffe, dass mein Arm sich bald daran gewöhnt. Nachdem ich mir wenigstens die Zähne
geputzt habe, kopple ich den Trailer für Frankfurt an und mache mich auf den Weg.
Die Autobahn bei Klagenfurt ist um diese Uhrzeit völlig leer.
Die Fahrt verläuft ohne besondere Vorkommnisse. Bei Würzburg muss ich dann dringend tanken und meine Lenkzeit ist auch fast voll. Nach Rücksprache
mit Jürgen kann ich in Frankfurt rund um die Uhr anliefern. Meine nächste Lieferung stände auch schon bereit. Also lege ich mich erst mal schlafen, so kann
ich heute Nacht in aller Ruhe nach Frankfurt rollen.
Mitten in der Nacht komme ich in Frankfurt an und tatsächlich, hier im Lager herrscht immer noch rege Betriebsamkeit und ich werde umgehend an die Rampe
gewunken. Und mein nächster Trailer steht schon bereit: Möbel nach Salzburg?!? Ich beschließe keine Fragen zu stellen, schnalle der Trailer an, hole meine
Frachtpapiere im Büro und will gerade vom Hof fahren …
Ein paar Meter weiter links von der Ausfahrt vom Gelände hat es einen Unfall gegeben. Zum Glück muss ich hier rechts abbiegen, sonst hätte
ich hier bestimmt eine Menge Zeit verloren.
Zum 2. Mal fahre ich an Nürnberg vorbei. Ich wohne zwar erst seit 3 Tagen hier, aber schon jetzt verspüre ich an dieser Ausfahrt immer den
Impuls den Blinker zu setzen.
Boah!!! … Der Typ hat vielleicht geflucht! Ist extra vom Gas gegangen, als wir auf gleicher Höhe waren und hat wild mit den Händen gefuchtelt und
geschrien. Zum Glück habe ich kein Wort verstanden. Ich kann ja auch nix dafür, dass mein LKW an der letzten Steigung so in die Knie gegangen ist
und er wegen eines Überholverbots nicht an mir vorbei durfte. Ich lupfe kurz das Gaspedal und lasse ihn ziehen.
Diesmal bin ich nicht so gut durchgekommen und habe es nur bis zur Grenze nach Österreich geschafft, was unter anderem an dem Fahrer von vorhin lag,
der nachdem er vor mir eingeschert ist noch ein paar mal vom Gas gegangen ist. Scheinbar wollte er sich für die Steigung rächen. Erst nachdem sich hinter
mir ein paar weitere Kollegen eingereit hatten, zog er davon. Nachdem ich einen Parkplatz gefunden hatte holte ich meinen Laptop raus und fand wieder
eine Mail von Hans in meinem Posteingang. Er hat sich jetzt selbstständig gemacht und ist total begeistert. Jetzt könne er sich aussuchen was und wohin
er fährt und bekommt dafür auch noch mehr Geld. Ich schreibe ihm, dass ich mich für ihn freue und ihm die Daumen für seine neue Firma drücke. Danach
verziehe ich mich in meine Koje und schlafe direkt ein.
Von der Grenze bis Salzburg war es zwar nur noch ein Katzensprung, aber was soll ich machen, wenn die Lenkzeit voll ist? Alles nur wegen diesem
Blödmann, sonst hätte ich das geschafft.
Fortsetzung folgt ...
P.S.: Die Bilder wurden angepasst - wie versprochen